Vom öffentlichen ins private Baurecht – Das Baugenehmigungsverfahren als Schnittstelle

Vom öffentlichen ins private Baurecht – Das Baugenehmigungsverfahren als Schnittstelle

Das Baugenehmigungsverfahren steht im Zentrum der bauordnungsrechtlichen Prüfung und bildet die Brücke zwischen dem öffentlichen Baurecht und dem privaten Baurecht. Wer ein Bauvorhaben plant – sei es Neubau, Umbau oder Nutzungsänderung – bewegt sich zunächst im Rahmen gesetzlicher Vorgaben der öffentlichen Hand. Doch mit dem Genehmigungsbescheid beginnt ein neuer Abschnitt: die rechtlich gesicherte Umsetzung des Vorhabens auf zivilrechtlicher Grundlage.


🏛️ Öffentliches Baurecht: Das „Ob“ des Bauens

Das öffentliche Baurecht regelt, ob, was und wie gebaut werden darf. Es unterteilt sich in zwei Hauptbereiche:

  1. Bauplanungsrecht (BauGB, BauNVO)
    → regelt die Zulässigkeit von Vorhaben nach Lage, Nutzung, Maß der Bebauung

  2. Bauordnungsrecht (Landesbauordnungen)
    → regelt die technische Ausführung: Brandschutz, Abstandsflächen, Erschließung usw.

Die zuständige Baubehörde prüft im Baugenehmigungsverfahren u. a.:

  • ob das Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist

  • ob alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden

  • ob Belange Dritter (z. B. Nachbarn) berührt werden


📜 Die Baugenehmigung: Verwaltungsakt mit zivilrechtlicher Relevanz

Die erteilte Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt – sie schafft die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens, aber keine privatrechtliche Durchführbarkeit. Das bedeutet: Selbst mit gültiger Genehmigung muss der Bauherr noch zivilrechtliche Hürden klären:

  • Eigentumsverhältnisse (Grundbuch, Wegerechte)

  • Nachbarrechte (z. B. Abstandsflächenvereinbarungen)

  • Verträge mit ausführenden Unternehmen (Werkvertragsrecht, VOB/B)


⚖️ Privates Baurecht: Das „Wie“ der baulichen Realisierung

Im Anschluss an die Genehmigung greift das private Baurecht – insbesondere das Werkvertragsrecht nach BGB (§§ 631 ff.) oder die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB). Hier werden Fragen geregelt wie:

  • Wer schuldet welche Leistung zu welchem Zeitpunkt?

  • Wie erfolgt die Abnahme und Mängelhaftung?

  • Welche Gewährleistungsfristen gelten?

  • Wie sind Streitigkeiten zu regeln (z. B. durch Schlichtung oder Gutachten)?

Die Schnittstelle ist dabei nicht immer trennscharf: öffentlich-rechtliche Mängel können auch privat haftungsrelevant werden (z. B. bei Planungsfehlern).


🧩 Fazit

Das Baugenehmigungsverfahren ist mehr als ein bürokratischer Schritt – es ist der zentrale Übergang vom öffentlichen zum privaten Baurecht. Wer hier sauber plant, genehmigt und dokumentiert, schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten und reduziert spätere Konflikte.

Gerade bei komplexen Projekten – wie Nutzungsänderungen, innerstädtischem Bauen oder Bestandsumbauten – empfiehlt sich die frühzeitige Einbindung eines Architekten mit Expertise im öffentlichen Baurecht und privatem Bauwesen.


🧠 Tipp vom Fachmann:

Dipl.-Ing. Stefan Collerius, Architekt und qualifizierter Sachverständiger, begleitet Bauvorhaben ganzheitlich: von der baurechtlichen Prüfung über die Genehmigungsplanung bis hin zu technischen Gutachten und baubegleitender Beratung – für private, gewerbliche und institutionelle Bauherren.

Nutzungsänderung – Was bei der Baugenehmigung zu beachten ist
🏗️ Was ist eine Nutzungsänderung?

Eine Nutzungsänderung liegt vor, wenn die Nutzung eines Gebäudes oder Gebäudeteils wesentlich verändert wird – zum Beispiel:

  • Umnutzung eines Ladenlokals zu einer Wohnung

  • Umbau einer Garage in ein Büro

  • Nutzung eines Dachbodens zu Wohnzwecken

  • Änderung eines Gewerbebetriebs (z. B. Lager → Produktion)

Dabei gilt: Auch ohne bauliche Veränderung kann eine Genehmigungspflicht bestehen – entscheidend ist die funktionale Nutzung.


📄 Ist eine Baugenehmigung erforderlich?

Ja – in den meisten Fällen ist eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig nach der jeweiligen Landesbauordnung (LBO). Dabei gelten dieselben Anforderungen wie bei einem Neubau:

  • Abstandsflächen

  • Stellplatznachweis

  • Brandschutz

  • Schallschutz

  • Erschließung

  • Energieeinsparverordnung / GEG

  • Barrierefreiheit (je nach Nutzung)

Eine formlose Umnutzung kann im schlimmsten Fall zu Nutzungsuntersagung, Bußgeld oder sogar Rückbauverfügungen führen.


📑 Der Weg zur genehmigten Nutzungsänderung
  1. Bestandsaufnahme & Klärung der aktuellen Nutzung

    • Prüfung der genehmigten Nutzung (Bauakte, Baulastenverzeichnis)

    • Abgleich mit der geplanten Nutzung

  2. Planerische Bewertung

    • Ist die neue Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig?

    • Passt sie in den Bebauungsplan oder §34 BauGB (Einfügung in die Umgebung)?

  3. Erstellung der Bauvorlagen

    • Grundrisse, Schnitte, Lageplan

    • Baubeschreibung, Betriebsbeschreibung

    • Stellplatznachweis, Brandschutzkonzept

  4. Einreichung bei der Baubehörde

    • In der Regel über einen bauvorlageberechtigten Entwurfsverfasser (z. B. Architekt)

  5. Bearbeitungsdauer & ggf. Nachforderungen

    • Üblich sind 6–12 Wochen, abhängig vom Vorhaben und Behörde


📌 Sonderfälle & Vereinfachungen
  • Genehmigungsfreistellung (nur bei geringfügigen Änderungen & unter bestimmten Voraussetzungen)

  • Denkmalgeschützte Gebäude: zusätzliche Genehmigungen erforderlich

  • Gebäude im Außenbereich (§35 BauGB): deutlich strengere Voraussetzungen


✅ Fazit

Die Nutzungsänderung ist keine Formalität, sondern ein vollwertiger Teil des Bauordnungsrechts – mit weitreichenden rechtlichen und technischen Folgen. Eine frühzeitige Planung und fachkundige Begleitung durch einen Architekten oder qualifizierten Sachverständigen ist daher dringend zu empfehlen.


Dipl.-Ing. Stefan Collerius – als Architekt, Sachverständiger und Berater – unterstützt Sie mit fundierter Erfahrung in der Umnutzung, Bauantragsstellung und technischen Bewertung von Bestandsbauten. Auch Kombinationen mit Verkehrswertgutachten, bautechnischen Bewertungen oder Digitalem Aufmaß können aus einer Hand angeboten werden.

  .